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ihm im Briefwechsel. Auch zu Friedrich Wilhelm
IV. hielt er Kontakt. Er wurde Kunstmäzen
und sozialer Wohltäter, baute sich eine prachtvolle
Villa im italienischen Stil und stellte
sich bewusst in einen größeren, kulturellen
Zusammenhang des „preußischen Arkadiens“.
Er wurde nicht bloß reich an Geld und Macht,
er nutzte den Reichtum zur kulturellen Ausprägung
einer neuen, gehobenen Lebens- und
Gesellschaftsform.
Das Ganzheitliche im Leben, Denken und Handeln
war typisch für viele große Unternehmergestalten
des Jahrhunderts. Sie machten nicht
bloß eine Sache, ein Geschäft, eine Technik,
sie wagten vieles zugleich. Sie kümmerten
sich nicht nur ums Geschäft, sondern auch
um ihre Mitarbeiter. Sie kurbelten nicht nur
die Produktion in vielen neu entstehenden
Branchen an, sondern brachten sich auch in
vielfacher Weise in die Politik ein. Sie sammelten
nicht bloß Geld, sondern förderten
auch die Kultur. Sie vernetzten sich und ihre
Welt zu einer Zeit, da das Wort vernetzen noch
ungebräuchlich war. Ludwig Jacobs wurde
Unternehmer dieses besonderen Schlages von
Tatmenschen des 19. Jahrhunderts. Instinktiv
ergriffen diese Menschen die gesellschaftliche
Nachfolge des Adels – so auch Jacobs. Seiner
Galerie zeitgenössischer und klassischer
Werke wandte er viel Aufmerksamkeit zu. Das
bekannteste Gemälde, das er ankaufte, war
das „Flötenkonzert“ des Malers Adolph von
Menzel. Dieses Bild ist Ausdruck von Jacobs’
emotionaler Verwurzelung in der Welt des
preußischen Königtums – es symbolisiert
gewissermaßen die erwünschten Kontakte
zum Haus Hohenzollern.
Auch in der Bautätigkeit gibt es ein bis heute
erhaltenes Zeugnis dafür, wie eng der Kontakt
zwischen dem preußischen Königshaus und
Jacobs war. Seine Villa, um 1840 fertiggestellt,
ist die erste ihrer Art – die erste im toskanischen
Stil, die erste mit Turm. Ein Parallelprojekt
verfolgte König Friedrich Wilhelm IV. mit
dem von ihm initiierten und bezahlten Bau der
Friedenskirche im Schlosspark von Sanssouci.
Beide Bauten entwarf Ludwig Persius, doch
kurz vor Baubeginn der Kirche starb er – Friedrich
August Stüler vollendete den Bau. Wichtig
ist in beiden Fällen der formale Gleichklang. Der
Turm dieser Kirche ist demjenigen von Santa
Maria in Cosmedin in Rom bis ins Detail entlehnt.
Der Turm der Jacobs-Villa ist eine genaue
Kopie mittelitalienischer Festungstürme.
Der österreichische Nationalökonom Joseph
Alois Schumpeter wollte nur diejenigen als
Unternehmer anerkannt sehen, die mit der
„Durchsetzung neuer Kombinationen“ hervortraten,
sich also durch schöpferische Neuerungen
auszeichneten. Die neue Generation von
„Schlotbaronen“ brauchte solide kaufmännische
und vielschichtige organisatorische wie
soziale Talente. Es genügte nicht, mit den technischen
Gegebenheiten vertraut zu sein. Auf
Ererbtes konnten sie nicht bauen, sie mussten
sich ihren Besitz selbst schaffen. Diese Kraft
des technisch-rationalen Denkens prägte das
politische Bewusstsein der deutschen Gesellschaft
neu. Die Unternehmer wurden damit
Villa Jacobs
am Jungfernsee
in Potsdam